Die bevorstehenden Änderungen bei der Widerrufsbelehrung
Rechtsanwalt Dr. Volker Güntzel geht auf die bevorstehenden Änderungen der Widerufsbelehrung ein. Gleichzeitig gibt er Hinweise worauf zwingend geachtet werden muss, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
I. Einleitung
Nachdem nun zwei Jahre lang Ruhe im Bereich der Widerrufsbelehrung eingekehrt war, stehen im Jahr 2014 wieder Änderungen an. Grund dafür ist, dass der Europäische Gesetzgeber den Verbraucherschutz, insbesondere auch im Hinblick auf die vorzunehmende Widerrufsbelehrung, in der Europäischen Gemeinschaft weiter vereinheitlicht. Die Umsetzung der daraus resultierenden Verbraucherrechtrichtlinie führt zu Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Inhalts der vorzunehmenden Widerrufsbelehrung, die am 13.06.2014 in Kraft treten.
II. Das bestehende Widerrufsrecht der Verbraucher und Existenzgründer
Nahezu jeder kennt das Widerrufsrecht bei Bestellungen über das Internet aus der Sicht des Verbrauchers. Diese so genannten Fernabsatzverträge sind aber nur ein Teil der Verträge, auf die das Widerrufsrecht anwendbar ist. Außerdem besteht ein Widerrufsrecht auch bei Haustürgeschäften und bei zahlreichen Verträgen, die ein Finanzierungselement enthalten. Dies gilt etwa für Verbraucherdarlehensverträge, aber auch für Ratenlieferungsverträge, die die regelmäßige Lieferung von Sachen zum Gegenstand haben, oder für Existenzgründerdarlehen.
Ein bestehendes Widerrufsrecht und vor allem die Verpflichtung zur Vornahme einer Widerrufsbelehrung stellen für Unternehmen ein erhebliches Risiko dar. Nach altem, derzeit noch gültigem Recht führt eine fehlende oder fehlerhafte Belehrung dazu, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt und der Widerruf dementsprechend zeitlich unbegrenzt noch Jahre nach Vertragsabschluss wirksam erklärt werden kann. Folge ist, dass der abgeschlossene Vertrag rückabgewickelt werden muss.
Dabei können bereits Kleinigkeiten über eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung entscheiden. Während die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt, wenn bei Vertragsschluss- oder bei Fernabsatzverträgen unverzüglich nach Vertragsschluss über das Widerrufsrecht belehrt wird, ist die Widerrufsfrist einen Monat lang, wenn die Belehrung erst später erfolgt. Dies ist deshalb problematisch, da in einer Belehrung die richtige Dauer der Widerrufsfrist enthalten sein muss. Wenn der Unternehmer daher einen Vertrag zusammen mit der erforderlichen Widerrufsbelehrung übersendet, wird diese über eine 14-tägige Widerrufsfrist unterrichten, da er davon ausgeht, dass der Verbraucher oder Existenzgründer die Belehrung zumindest zeitgleich mit dem Vertrag unterzeichnen wird. Quittiert der Verbraucher den Erhalt der Widerrufsbelehrung (aus welchen Gründen auch immer) aber erst einen Tag nach der Unterschrift des gleichzeitig übersandten Vertrages, ist die Belehrung demzufolge erst nach Vertragsabschluss erfolgt.Die Widerrufsfrist müsste dann aber einen Monat betragen, d.h. die vorgenommene Belehrung war falsch mit den bereits dargestellten Folgen.
III. Die vorgenommenen Änderungen
Im Folgenden können nur einmal überblicksmäßig die wesentlichen Änderungen dargestellt werden, da deren vollständige Darstellung den hier vorgegebenen Rahmen sprengen würde.
1. Der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts
Der Anwendungsbereich, wann eine Widerrufsbelehrung zu erfolgen hat, ist im Großen und Ganzen erhalten geblieben. Beispielhaft sei hier nur erwähnt, dass der Anwendungsbereich der Haustürgeschäfte, die von nun an „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“ genannt werden, ausgeweitet worden ist. Leider ist im Hinblick auf die Frage, auf welche Verträge die in § 512 BGB geregelte Widerrufswertgrenze in Höhe von 75.000,00 € anwendbar und wie sie zu berechnen ist, keine Klärung erfolgt. Daher besteht zum Beispiel im Hinblick auf Franchiseverträge weiterhin eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
2. Der Inhalt der Widerrufsbelehrung
Erhebliche Änderungen zugunsten der Unternehmen haben dagegen die Vorschriften zur Widerrufsbelehrung erfahren:
Positiv ist zunächst, dass auch die neue Widerrufsbelehrung wiederum Gesetzesrang erhalten wird. Wenn das neue amtliche Muster zur Widerrufsbelehrung wortwörtlich verwendet wird, kann folglich kein deutsches Gericht die vorgenommene Widerrufsbelehrung als unwirksam ansehen.
Des Weiteren kann im Hinblick auf die oben dargestellte Problematik der unterschiedlichen Widerrufsfristen Entwarnung gegeben werden. Zukünftig ist nur noch eine einheitliche Frist von 14 Tagen vorgesehen und zwar unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Belehrung erfolgt ist.
Schließlich ist sehr erfreulich, dass die bisherige Regelung beseitigt wird, wonach dann, wenn eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen ist oder überhaupt nicht vorhanden war, ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht besteht. Der Unternehmer muss deshalb nicht mehr befürchten, dass viele Jahre nach Abschluss des Vertrages ein wirksamer Widerruf erklärt werden kann. Zukünftig endet die Möglichkeit, den Vertrag bei einer fehlerhaften oder fehlenden Widerrufsbelehrung widerrufen zu können,in der Regel nach einem Zeitablauf von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsabschluss.
IV. Das bestehende Übergangsrecht
Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie tritt am 14.06.2014 in Kraft. Der Gesetzgeber hat aber mit Artikel 229, § 32 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) ein Übergangsrecht für diejenigen Verträge geschaffen, die vor diesem Stichtag geschlossen werden oder worden sind. Demnach ist und bleibt zwar für „Altverträge“ grundsätzlich das jetzt noch geltende Recht anwendbar. Allerdings wurde für den besonders problematischen Bereich des zeitlich unbegrenzten Widerrufsrechts eine Sonderregelung geschaffen. Demnach beginnt bei „Altverträgen“ mit fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung, sofern der entsprechende Vertrag in Vollzug gesetzt wurde, die Widerrufsfrist am 15.06.2014 zu laufen und endet entsprechend der dann geltenden Regelung nach einem Zeitablauf von einem Jahr und 14 Tage. Allerdings gelten bei Verträgen über Finanzdienstleistungen Ausnahmen.
Dies führt dazu, dass ein Unternehmer in den meisten Fällen davon ausgehen kann, dass in etwa Mitte des Jahres 2015 bei allen „Altverträgen“, die bereits in Vollzug gesetzt worden sind, der wirksame Widerruf ausgeschlossen ist.
V. Zusammenfassung
Auch wenn das Widerrufsrecht bei Unternehmen weiterhin unbeliebt sein und als undurchsichtig angesehen werden wird, sorgen die anstehenden Änderungen erfreulicherweise dafür, dass die bisherigen Risiken für die Unternehmen erheblich reduziert werden. Um möglichst zu verhindern, dass dem Vertragspartner mehr als ein 14-tägiges Widerrufsrecht zusteht, sollten die anstehenden Modifikationen frühzeitig zum Anlass genommen werden, die eigenen Vertragsgestaltungen auf die Anwendbarkeit des Widerrufsrechts und die Richtigkeit der Belehrung zu überprüfen oder überprüfen zu lassen.
Dieser Beitrag wurde erstellt von Rechtsanwalt Dr. Volker Güntzel und seinem Kollegen Rechtsanwalt Andreas Frings von der Kanzlei Busse & Miessen in Bonn.
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