„Minderung“ bei Franchiseverträgen

Dr. Kerstin Nina Schulz

Dr. Kerstin Nina Schulz

Rechtsanwältin Dr. Kerstin Nina Schulz, die sich auf Franchiserecht spezialisiert hat und überwiegend die Seite der Franchisenehmer vertritt, erklärt wann eine „Minderung“ bei Franchiseverträgen erfolgen kann. Denn unter gewissen Voraussetzungen kann der Franchisenehmer gegenüber dem Franchisegeber das vereinbarte Entgeld mindern.

Die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten bei einer Schlechtleistung des Franchisegebers bestehen, ist – leider – eine der häufigsten Fragen in der franchiserechtlichen Beratungspraxis.

Vorliegender Artikel soll die Möglichkeiten aufzeigen, gegenüber dem Franchisegeber das vereinbarte Entgelt zu „mindern“.

Der Vertragstypus eines Franchisevertrages ist nach ständiger Rechtsprechung ein gemischt-typischer Vertrag mit überwiegend dienstvertraglichen Elementen.

Ein– auch unter Juristen – weitverbreiteter Irrtum ist es, dass bei Dienstverträgen mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung keinerlei Möglichkeit der Minderung gibt.

Richtig ist diese Annahme insoweit, dass bei Dienstverträgen eine Minderung in der Form eines „Teilrücktrittes“ im Sinne Kaufrechts oder Werkvertragsrechts direkt oder analog bei Schlechtleistung ausgeschlossen ist.  Der Gesetzgeber ging beim Dienstvertrag davon aus, dass lediglich ein Tätigwerden, aber kein Erfolg geschuldet ist: Entsprechend war auch eine Minderungsmöglichkeit nicht angebracht.

Dabei verkennt Viele jedoch, dass dies mitnichten bedeutet, dass der Franchisenehmer jede Schlechtleistung des Franchisegebers hinnehmen muss.

Insbesondere bei schwerwiegenden Schlechtleistungen des Franchisegeber kann der Franchisenehmer unter bestimmten Voraussetzen von der Verpflichtung zu der Gegenleistung kraft Gesetzes wegen teilweiser Nichtleistung sowie der damit verbunden teilweisen Unmöglichkeit der Leistung nach §§ 275 I, 326 I 1,2 i.V.m. §441 III BGB frei werden.

Übersetzt in „normales“ Deutsch bedeutet dies:

Leistet der Franchisegeber teilweise schlecht, so wird Ihm die vertraglich geschuldete, „korrekte“ Leistung für den entsprechenden Zeitraum logischerweise unmöglich.

Derjenige, dessen Vertragspartner eine Leistung nicht mehr erbringen kann, weil diese unmöglich geworden ist, wird nach §275 I  BGB von seiner Leistung frei.

Die Anwendbarkeit der §§275 I, 326 I 1,2 i.V.m. §441 III BGB  auf den Dienstvertrag ist unstreitig – vgl.:  Canaris Handelsrecht § 18 Rn. 45., Giessler in ZIP 2002, 420 ff. Giessler/Kroll in Giessler Praxishandbuch – und nicht zuletzt in der Form des Grundsatzes „keine Lohn ohne Arbeit“ allgemein be- und anerkannt.

Jedoch wird führt nicht jede Schlechtleistung im Franchisevertrag automatisch zum Freiwerden von der Gegenleistungspflicht.

Für das Freiwerden von der  Verpflichtung zur Leistung nach §§ 275 I, 326 I 1,2 i.V.m. §441 III BGB müssen folgende  Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Teilbare Leistung

Es muss eine teilbare Leistung sowohl in der zeitlichen Dimension und in der „funktionalen Dimension“ vorliegen.

Die Teilbarkeit der Leistungspflicht in der zeitlichen Dimension ist bei einem Dienstvertrag normalerweise unproblematisch, vgl. nur RG, JW 1911, 756.  Die geschuldete Dienstleistung lässt sich im Regelfall nach Tagen, Wochen oder Monaten aufteilen.

Die aus dem Franchisevertrag geschuldeten Leistungen müssen auch in der funktionalen Dimension teilbar sein.  Maßgeblich für das Vorliegen der Teilbarkeit eines Dienstvertrages  in der funktionalen Dimension ist, dass die einzelnen Elemente aus abstrakter Perspektive Gegenstand eines eigenen Vertrages sein können und jeweils für sich betrachtet einen eigenen und selbständigen Nutzen haben, vgl. Tillmanns, Strukturfragen des Dienstvertrages, S. 260ff m.w.N.

Auch dieses Element wird üblicherweise erfüllt sein, hier sind doch höhere Hürden zu nehmen als bei der Teilbarkeit in zeitlicher Hinsicht. Der „schlechte“ Teil der  Leistung muss quasi vom „guten Teil“ der Leistung „abtrennbar“ sein.

2. Unmöglichkeit der Leistung

Die Unmöglichkeit der Nachholung der Leistung ergibt sich regelmäßig aus dem absoluten Fixschuldcharakter der durch den Franchisevertrag geschuldeten Leistungen, der sich aus der Nichtnachholbarkeit  der in den jeweiligen Zeiträumen geschuldeten Leistungen ergibt, vgl. nur BGHZ 10, 187, 189, BGH NJW-RR 1991, 268. Dies bedeutet allerdings im Umkehrschluss, dass der besprochene Rechtsbehelf dann nicht Anwendung  kann, wenn die Leistung keinen Fixschuldcharakter hat, d.h. problemlos nachholbar ist.

Disclaimer:

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